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Mehr Interprofessionalität für eine bessere Gesundheit

27 Gesundheitsfachpersonen aus 17 Ländern haben am «Winterthur Interprofessional.Global Symposium» an der ZHAW teilgenommen – und sie sind sich einig: Damit die Sicherheit der Patientinnen und Patienten weltweit gewährleistet werden kann, muss die Zusammenarbeit unter den verschiedenen Berufsgruppen im Gesundheits- und Sozialwesen noch verbessert werden.

Ob Pflegefachfrau, Ergotherapeut, Hebamme oder Medizinerin: Die Berufe im Gesundheitswesen sind unterschiedlich und oft ist das Sprachverständnis unter den verschiedenen Berufsgruppen nicht dasselbe. Es gibt Begriffe, die von allen verwendet werden, jede einzelne Gruppe aber etwas anderes darunter versteht. Damit sich dies ändert, braucht es mehr Interprofessionalität. Dafür setzt sich die Fachstelle Interprofessionelle Lehre und Praxis am Institut für Gesundheitswissenschaften der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur (ZHAW) seit Jahren ein. Und das nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene. Die ZHAW ist als Teil des deutschsprachigen Netzwerks Mitglied der Global Confederation for Interprofessional Education and Collaborative Practice und war vom 9. bis 12. November 2021 Gastgeberin des «Winterthur Interprofessional.Global Symposium».

Wissen und Erfahrungen austauschen

Während vier Tagen diskutierten 27 Vertreterinnen und Vertreter von 17 Ländern aus 10 verschiedenen Netzwerken des Interprofessional.Global darüber, wie die interprofessionelle Zusammenarbeit und Ausbildung im Gesundheits- und im Sozialwesen weltweit gefördert werden kann, um eine bessere Gesundheit für alle zu erlangen. So wurden unter anderem die fünf Arbeitsgruppen Evaluation, Global Impact, Partnership Development, Capacity Building und Communication gegründet sowie ein Strategieplan erarbeitet und Handlungsschritte für die nächsten zwei Jahre definiert. Ziel dieser «Interprofessional.Global Facilitation»-Teams ist es, sich regelmässig über Wissen, Erfahrungen und Ansätze auszutauschen und zu unterstützen. «Durch das gemeinsame Lernen können wir die Zusammenarbeit verbessern und Veränderungen herbeiführen, um die Qualität der Versorgung zu erhöhen und die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten», sagt Marion Huber, stellvertretende Leiterin der Fachstelle Interprofessionelle Lehre und Praxis an der ZHAW.

Den Teilnehmenden war es zudem wichtig, erste Inhalte die Inhalte für eine «Winterthur Declaration» weiterzubearbeiten und zu schärfen. Die Erklärung soll auf den «bedeutenden Anstrengungen aufbauen, die in den letzten zehn Jahren zur Förderung der interprofessionellen Bildung und der kollaborativen Praxis unternommen wurden» und gleichzeitig die im April 2010 in Australien verfasste «Sydney Interprofessional Declaration» ersetzen. «Die in der Winterthurer Erklärung enthaltenen Artikel befassen sich mit Massnahmen, die nötig sind, um diese Errungenschaften aufrechtzuerhalten und für das nächste Jahrzehnt darauf aufzubauen», sagt Huber. Geplant ist, dass die «Winterthur Declaration» im Laufe des nächsten Jahres verabschiedet wird.

Ein Zeichen der Wertschätzung

Marion Huber hat das Symposium zusammen mit ihren Institutskolleginnen und -kollegen in die Schweiz geholt. Für die Hochschule und den Standort Winterthur ein grosser Erfolg, vor allem auch, weil am Symposium namhafte Persönlichkeiten wie Prof. Dr. John Gilbert teilnahmen. Der Kanadier war massgeblich daran beteiligt, die interprofessionelle Zusammenarbeit mit der «All together better health»-Bewegung auf der ganzen Welt zu etablieren. «Für uns ist dieses Symposium auch ein Zeichen der Wertschätzung, da wir seit Jahren im Bereich Interprofessionalität forschen und lehren», sagt Huber. Die Organisation der internationalen Zusammenkunft war in Zeiten von Covid-19 nicht ganz einfach. «Wegen der unterschiedlichen Regeln in den verschiedenen Ländern, wussten wir bis kurz vor Beginn des Symposiums nicht, ob auch alle, die sich angemeldet hatte, teilnehmen können.» Zwei Personen konnten ihre Reise dann tatsächlich nicht antreten.

Die Teilnehmenden schätzten es dann auch sehr, sich wieder «face-to-face» auszutauschen. «Es war ein guter Entscheid, die Konferenz trotz Pandemie vor Ort durchzuführen», sagte Andreas Xyrchis aus Grossbritannien. «Wir haben in diesen Tagen als Gruppe einiges erreicht, und das wird uns dabei helfen, in der interprofessionellen Zusammenarbeit und Ausbildung weltweit einen weiteren Schritt vorwärtszukommen.» Auch Alla El-Awaisi, die aus Katar nach Winterthur angereist war, konnte der Veranstaltung nur Positives abgewinnen. «Es gab uns die Möglichkeit aufzuzeigen, was innerhalb des Netzwerkes mittlerweile gut läuft und wo die Herausforderungen liegen.» Diese Herausforderungen gelte es nun gemeinsam anzugehen.

Interview mit Prof. Dr. John Gilbert: «Es gibt noch einiges zu tun»

John Gilbert hat massgeblich dazu beigetragen, dass sich die Interprofessionalität in der Ausbildung von Fachpersonen im Gesundheits- und im Sozialwesen etabliert hat. Der emeritierte Professor an der University of British Columbia, Kanada, erklärt, weshalb die interprofessionelle Zusammenarbeit heute wichtiger denn je ist.

John Gilbert, wie zufrieden sind Sie mit dem Ausgang des Symposiums?

John Gilbert: Ich bin sehr zufrieden. Ich beschäftige mich nun schon seit langer Zeit mit dem Thema Interprofessionalität und wenn ich auf die letzten fünf bis zehn Jahre zurückblicke, sehe ich eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Diesen Weg konnten wir auch an diesem Treffen weitergehen. Die Teilnehmenden waren sehr offen und mit grosser Leidenschaft dabei, was sehr hilfreich ist, wenn man gemeinsam weiterkommen möchte. Die Organisation war aufgrund der Covid-19-Pandemie eine Herausforderung, weil es für einige Teilnehmende schwierig war, in ein anderes Land zu reisen. Die Verantwortlichen haben diesbezüglich einen sehr guten Job gemacht. Winterthur ist eine interessante Stadt und die ZHAW mit ihrem Institut für Gesundheitswissenschaften ein inspirierender Ort mit vielen frischen Ideen. Ich bin begeistert.

Weshalb sind die interprofessionelle Zusammenarbeit und Ausbildung im Gesundheitswesen so wichtig?

Gilbert: Im Gesundheits- und Sozialwesen gibt es mittlerweile über 80 verschiedene Berufe. Jede Person ist in ihrem Beruf die Expertin und will natürlich nur das Beste für die Patientinnen und Patienten. Dafür müssen aber nicht nur die Patienten selbst und deren Angehörigen verstehen, wovon der Arzt, die Pflegefachfrau oder der Sozialarbeiter spricht, sondern die verschiedenen Berufsgruppen untereinander ebenfalls. Tun sie das nicht, können Missverständnisse und Doppelspurigkeiten auftreten, die dann zu schrecklichen Behandlungsfehlern am Patienten führen können. Für die Sicherheit der Patienten ist es deshalb wichtig, dass die unterschiedlichen Berufsgruppen im Gesundheits- und Sozialsystem zusammenarbeiten und klar kommunizieren. Ziel muss die qualitativ beste Versorgung sein.

Was hat sich in der interprofessionellen Zusammenarbeit seit der «Sydney Interprofessional Declaration» von 2010 verändert?

Gilbert: Wir verstehen mittlerweile viele Sachen viel besser, auch weil wir heute deutlich mehr Daten und Informationen haben. Mit der neuen Deklaration, die wieder mindestens zehn Jahre ihre Gültigkeit haben soll, wird die Arbeit aber nicht getan sein, es gibt auch in Zukunft noch viel zu tun. Die grösste Herausforderung wird sein, dass das, was wir in der Deklaration festhalten, auch in Ländern wie Südafrika oder Asien funktioniert.

Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf die Ausbildung im Gesundheitswesen?

Gilbert: Die grösste Auswirkung von Covid-19 ist der technologische Fortschritt. Unglaublich, wie schnell sich sowohl Studierende als auch Lehrpersonen an den Online-Unterricht gewöhnt haben und wie rasant sich die Technologie in dieser Zeit weiterentwickelt hat. Beeindruckt hat mich an meiner Universität in Kanada auch, wie unkompliziert Patienten als Lehrende in den Online-Unterricht eingebunden werden konnte. Das war fantastisch. Da steckt noch viel Potenzial drin für die interprofessionelle Zusammenarbeit.

Zur Person

Prof. Dr. John Gilbert war wegweisend in der Ausbildung von Gesundheitsfachkräften in British Columbia, Kanada, und weltweit. Zu Beginn seiner Karriere leistete er Pionierarbeit in der Linguistik und Psychologie als Praxisbasis für Sprachpathologen und Audiologen. Im letzten Teil seiner Karriere war es seine Vision und Führung, die dazu führte, dass das Konzept der interprofessionellen Ausbildung als zentraler Grundsatz der teambasierten, kollaborativen und patientenzentrierten Praxis und Pflege entwickelt wurde. Diese Konzepte sind heute Teil der Gesundheitswissenschaftsausbildung von Universitäten, Hochschulen und Instituten an vielen Orten in Kanada und weltweit.